Das Schamanentum und der Animismus sind nichts Romantisches oder Rekonstruiertes. Sie sind lebendig und heute genauso wichtig wie in archaischer Zeit, als die Menschen in und mit der Natur lebten.
Das Tätigkeitsfeld der Schamanen und Praktizierenden hat sich lediglich verschoben. Wir müssen nicht mehr auf Nahrungssuche gehen oder das Wetter gnädig stimmen, damit die Ernte gelingt, sondern konzentrieren uns auf andere Bereiche. Das Gleichgewicht von Körper, Geist und Seele ist immer wichtig – egal, in welcher Zeit wir leben. Die Verbindung und harmonische Beziehung zur Natur ist ebenso essenziell. Wir stehen im krassen Gegensatz zu der Idee, dass man sich die Natur untertan machen soll. In der schamanischen Philosophie sind wir Teil der Natur und stehen nicht über ihr. Die Natur ist keine Quelle von Ressourcen, aus der man Profit schlagen kann, sondern ein lebendiger Organismus mit intelligenten, beseelten Wesen, die wir achten und respektieren. Egal, ob wir in einer Großstadt leben und kaum noch Kontakt zur Natur haben oder am Land, umgeben von Bergen – nichts ändert die Tatsache, dass wir selbst Natur sind. Der Mensch ist nicht nur Teil der Natur, er ist selbst Natur. Wir bestehen aus den vier Elementen, denen vom großen Geist Leben eingehaucht wird. Daher ist es uns wichtig, mit diesen Elementen in und um uns harmonisch zu leben, zu verstehen, welchen Einfluss sie auf Körper, Geist und Seele haben, und sie als lebendige Wesen zu ehren. Allen voran steht Mutter Erde, als Frau Perchta verehrt, doch auch die anderen Elemente werden als Wesenheiten geachtet und geehrt. Diese Werte einer gesunden Beziehung zur Natur und zu den Geistern sind auch in den alpinen Sagen überliefert, an denen wir uns orientieren.
Das Schamanentum hält mächtige Werkzeuge bereit, um das tägliche Leben zu meistern. Es zeigt uns die energetischen Zusammenhänge von Geschehnissen und gibt uns Einsichten in die Gründe, warum etwas so ist, wie es ist. Schamanische Praxis hilft uns, unsere Energie zu managen, bietet uns Werkzeuge, um uns direkt mit den Quellen der Kraft zu verbinden und stets genug Energie für Familie und Beruf zur Verfügung zu haben. Sie gibt uns auch Mittel an die Hand, um uns selbst zu helfen, uns zu heilen, uns von fremden Energien zu befreien, unsere Kraft zurückzuholen und uns zu schützen. Darüber hinaus führt uns die Praxis zu unserem innersten Kern, in unser eigenes Herz. Wir lernen, immer mehr selbst zu denken und unserer inneren, intuitiven Führung zu vertrauen. So werden wir nicht mehr manipulierbar und können unserem wahren Weg folgen, stark verwurzelt auf der Erde, im Heimatland.
Das Leben im Jahreskreis und die entsprechenden Zeremonien geben Halt, Sinn und Stabilität, das Gefühl, in etwas Größeres eingebunden zu sein. Sie verbinden uns mit dem natürlichen Rhythmus und bringen so den Fluss ins Leben. Sie verbinden uns mit den Geistern der Berge, der Elemente und der Ahnen. Gerade in einer Zeit der Entfremdung und Spaltung der Gesellschaft, in einer Epoche, in der immer mehr künstliche Intelligenz in unser Leben tritt und der gesunde Menschenverstand zunehmend verloren geht, hält das Schamanentum Wege bereit, die uns zurück zu den Wurzeln führen, zurück zur Einfachheit, zurück zu uns selbst, zurück zur Verbindung mit der Natur, dem eigenen Herzen, unseren Ahnen und dem großen Geist. Die Tradition hat über viele tausend Jahre überlebt und sie wird es weiterhin tun. Denn im Endeffekt ist sie keine Religion, keine Ideologie mit Büchern und Propheten. Sie ist eine menschliche Tradition, die direkt aus der Natur kommt. Wir sehen das Schamanentum nicht als Religion, sondern als ein Erfahrungssystem, in dem der freie Geist eine zentrale Rolle spielt. Für uns ist das Schamanentum eine Kunstform – eine spirituelle Kunstform.